Einleitung
Ziele des Masterings
Tappen Sie nicht in die Lautheitsfalle
Voraussetzungen für ein gelungenes Mastering
Regeln kennen, Regeln festlegen
Aufbau eines Masteringprojekts im Sequencer
Die drei Bearbeitungsebenen im Mastering
Analyse des Materials
Arbeiten auf der Sample-Ebene
Arbeiten auf der Song-Ebene
Arbeiten am Albumsound
Mastertonträger zusammenstellen
Zusammenfassung
Untertitel: Niemals war ich so allein.
Mastering ist ein einsamer Job. Sie werden niemanden finden, der Ihnen mit Rat und Trost zur Seite steht. Warum? Weil Sie der Einzige sind, der beurteilen kann, was da gerade passiert und welchen Weg Sie beschreiten. Niemand ist da, der Sie versteht, poor lonesome cowboy!
Das Gute daran ist, dass Ihnen das nichts ausmacht. Denn spätestens nach der Lektüre dieses Kapitels kennen Sie den Weg und das Ziel. Verraten Sie aber nichts, sonst kommen Sie vor lauter Diskussionen mit dem Auftraggeber nicht mehr zum Arbeiten. Sie haben es ja schon oft gelesen und gehört: Mastering ist eine Geheimwissenschaft, die Krönung aller Kreativität – Normalsterbliche bitte draußen bleiben.
Nun, ich sehe das etwas anders: Es gibt wohl kaum einen Prozess in der Musikproduktion (außer Sicherheitskopien anlegen), der weniger kreativ ist. Im Mastering wird nichts Neues erfunden, alles ist Handwerk, wenngleich auch auf hohem Niveau. Mastering ist Fehlerbeseitigung und Sound Sweetening. Das Ziel ist es, ein klanglich ausgeglichenes und angemessen lautes Album zu erarbeiten. Nicht mehr und nicht weniger.
Bei allem Handwerk gibt es auch beim Mastern Ideale, denen man folgt: das Ideal der bestmöglichen Klangqualität und das Ideal der Lautheit. Wichtig ist, dass Sie und Ihre Kunden dasselbe Ziel haben. Sie müssen sich nämlich entscheiden, wie viel Klangqualität Sie für maximale Lautheit opfern wollen. Wenn Sie sich darüber im Klaren sind, kann es losgehen. Ich erläutere Ihnen, wie laut es geht, ohne den Sound zu ruinieren.
Während beim Mixdown viele Wege zum richtigen Ergebnis führen, ist der Workflow beim Mastering schon fast als starr zu bezeichnen. Ich zeige Ihnen die Arbeitsschritte und die richtige Reihenfolge. Es ist wieder einmal völlig egal, ob es sich dabei um Pop, Jazz, Filmmusik oder Rock handelt.
Mastering braucht immer sehr gutes Equipment. Das allerwichtigste Tool sind ausgeruhte Ohren. Dazu kommen Ihre digitale Workstation, die richtige Software, einige digitale Messwerkzeuge sowie erstklassige Kompressoren, erstklassige EQs und besondere Limiter.
Wenn Sie einen akustisch bestimmten Abhörraum, sehr gute Monitorboxen, das entsprechende Equipment und ein hohes Maß an Disziplin beim Arbeiten haben, spricht auch für Projektstudios nichts dagegen, selbst zu mastern.
Bei guten Mixdowns ist das Mastering des Albums ein Vergnügen. Oft sind die Mixe aber – aus Sicht des Mastering-Engineers – fehlerbehaftet. Dann fängt die Arbeit im Detail an. Es kommt auf das passende Werkzeug und die richtige Methode zur Beseitigung der Fehler an. Ein Sprichwort lautet: The cure may not be worth than the disease.
Beim Mastering gibt es drei Ebenen, mit denen wir es zu tun haben: die Sample-Ebene, die Song-Ebene und das Album. Sind alle Ebenen sauber durchgearbeitet, entsteht ein Albumsound, auf den Sie stolz sein können.
Bevor wir mit dem Mastering eines Albums in der Praxis beginnen, gilt es, einige Rahmenbedingungen zu definieren, ich nenne sie Regeln. Regeln, die entweder allgemein bekannt sind oder individuell vereinbart werden. Es sind nicht viele, aber sie sind wichtig. Hier kommen meine 6 Regeln für das Mastering:
Regel 1: Das zu masternde Album soll in der Lautheit dem Referenzalbum entsprechen.
Zu Beginn dieses Kapitels haben wir über den Zusammenhang zwischen Lautheit und Klangqualität nachgedacht und festgestellt, dass die zu erreichende Lautheit der Produktion festgelegt werden muss. Hierfür kann ein Referenzalbum als Grundlage dienen.
Inwieweit das bei noch akzeptablem Klang erreichbar ist, müssen Sie einschätzen können. Dies ist sowohl von der Besetzung abhängig als auch vom dargebotenen Programm. Ein Folk-Duo bekommen Sie nicht auf dieselbe Lautheit wie eine Rockproduktion, ohne die Klangqualität vollständig zu ruinieren.
Regel 2: Das Referenzalbum muss zum Genre, zur Besetzung und zum Programm passen.
Das Referenzalbum sollte mit den Musikern bzw. dem Produktions-verantwortlichen verbindlich vereinbart sein, hieran kann und wird man Ihr Mastering messen. Es ist daher sehr wichtig, dass Sie eine Abschätzung vornehmen können, ob Klang und Lautheit der Mixdowns auf das Level des Referenzalbums zu bringen sind oder nicht. Oder ob man sich sogar noch mehr zutraut.
Hier hilft nur Erfahrung. Falls Sie unsicher sind, geben Sie das ruhig zu und bieten an, ein Probemastering mit zwei Titeln durchzuführen, um dann gemeinsam über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Oder schicken Sie alle nach Hause, arbeiten die Nacht durch und klären das Thema am nächsten Tag.
Regel 3: Verstärken Sie die gewünschte Wiedergabephilosophie, arbeiten Sie gleichsinnig.
Im Kapitel Mikrofonierung hatten wir über die Wiedergabephilosophie gesprochen: You are there oder They are here – Sie erinnern sich? Es geht darum, ein Klangerlebnis zu erzeugen, das entweder dem Hörerlebnis in der Originalsituation, etwa bei einem Rockkonzert, entspricht oder die intime und nahe Situation eines kleinen Clubs zu erzeugen.
Im Mastering können Sie nun diese Wiedergabephilosophie verstärken oder nicht. Auf keinen Fall dürfen Sie dagegen arbeiten. Die Klangcharakteristiken beider Wiedergabephilosophien sind sehr unterschiedlich. Stimmen Sie Kompression, Stereobreite und Hallraum darauf ab. Auch das Referenzalbum muss dazu passen. Wenn Sie ein Album mit Jazzclubatmosphäre mastern, nützt Ihnen ein Rockalbum aus der Dortmunder Westfalenhalle als Referenz nichts.
Regel 4: Klassik wird nicht komprimiert, nicht geschönt und auch sonst ist alles verboten.
Sollten Sie im Bereich der Klassik unterwegs sein, gilt: Die Dynamik ist heilig. Es werden keine Kompressoren und keine Limiter eingesetzt, auch kein zusätzlicher Raumhall. Die Arbeit im Mastering beschränkt sich bei Klassik neben organisatorischen Arbeiten (Reihenfolge der Titel, Pausen, abschlies-sende Formatwandlung) auf ein wenig Equalizing, das ausschließlich die Schwächen der Aufnahme kompensieren soll. Klangveränderndes Sound Sweetening ist nicht angesagt. Das alles setzt perfekte Aufnahmen voraus.
Bei uneinheitlichen Aufnahmen (Sampler) muss die Lautstärke einzelner Titel angepasst werden, dies geschieht mit der Lautstärkeregelung, aber nicht durch Kompression. Mitunter sind Aufnahmen hinsichtlich des Frequenzspek-trums anzugleichen, alles aber auf sehr zurückhaltende Art und Weise. Ich zeige Ihnen im Verlauf des Kapitels noch, was man in der Klassik für Tricks anwenden kann, um die Lautheit dennoch etwas zu steigern. Sagen Sie es aber bitte nicht weiter, denn bei Klassik ist das alles verboten und lassen Sie sich dabei nicht erwischen.
Regel 5: Wo nichts zu tun ist, wird auch nichts getan.
Nicht immer muss der Unterschied zwischen dem Mixdown und der gemasterten Version extrem groß sein. Ein sehr gut gelungener Mix zeigt im A/B-Vergleich klanglich kaum Unterschiede, er wird nur lauter sein. Denken Sie daran, Mastering ist kein Selbstzweck. Beweisen Sie Kompetenz durch Zurückhaltung, außer Lautheit, Equalizing und dem Schnitt ist manchmal nichts zu tun.
Regel 6: Das Album ist der Star, nicht der einzelne Titel.
Last but not least ist dies eine Wiederholung: Weiter oben, bei den Zielen des Masterings, ist alles dazu gesagt.
Die drei Bearbeitungsebenen des Masterings sind der Schlüssel zum Erfolg. Wenn Sie die drei Ebenen konsequent durcharbeiten, werden Sie erstklassige Ergebnisse erzielen. Soundqualität, die Ihre Kollegen vor Neid erblassen lassen und Ihre Kunden begeistern werden. Versprochen!
Bevor wir in die Details einsteigen, lassen Sie mich einen kurzen Überblick geben, was auf Sie zukommt: Wir arbeiten im Mastering erstens auf der Sample-Ebene, und zwar mit maximaler Lupe auf der Wellenform, um Fehler zu eliminieren und Voraussetzungen für Lautheit zu schaffen, ohne den Klang zu ruinieren. Zweitens gibt es die Song-Ebene, auf der wir den einzelnen Titel des Albums dahin bringen, wo er hingehört: lauter, spitzer, wuchtiger, was auch immer daran getan werden muss. Drittens die Ebene des Albums, auf der wir den einheitlichen Gesamtklang erarbeiten.
Die Reihenfolge der Aufzählung ist keine zwingende Bearbeitungsreihen-folge. Mitunter müssen wir auch mal zurückspringen und eine Stelle auf anderer Ebene nacharbeiten, um zum Ziel zu kommen. Das Album ist der Star, nicht der einzelne Titel. Für einen runden Albumsound müssen sich die einzelnen Titel in das Gesamtwerk einpassen. Dabei müssen Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
• Ausschlaggebend für die maximale Kompression ist der Song, der am dichtesten klingt.
• Ausschlaggebend für die klangliche Ausgewogenheit ist der „rundeste“ aller Songs.
Aber:
• Ausschlaggebend für die erreichbare Lautheit des Albums ist der leiseste Song.
• Ausschlaggebend für den Gesamtsound des Albums ist der „schwächste“ Mixdown.
Der dichteste Song ist die Leitgröße für die Kompression. Identifizieren Sie den dichtesten Titel und nähern Sie alle anderen an. Falls es starke Unter-schiede im Programmmaterial gibt, etwa die Unplugged-Nummer eines Rockalbums, darf und muss dieser Titel weniger komprimiert werden, damit auch dieser Titel natürlich klingt.
Für die klangliche Ausgewogenheit des Albums ist der „rundeste” Titel die Zielgröße. Die Kriterien sind Klarheit, Räumlichkeit und ausgewogene spektrale Verteilung. Möglicherweise müssen Sie auch hier einige Anpassun-gen vornehmen, um auch diesen Titel in den Albumsound zu integrieren. Es ist in der Praxis nicht realistisch, dass der beste Titel unangetastet bleibt, wenn man den Albumsound formt. Er wird dadurch nicht schlechter, nur anders.
Für die Lautheit des Albums ist der leiseste Song ent-scheidend. Falls Sie die Lautheiten nicht zufriedenstellend abgleichen können, geben Sie eher den dichtesten Song und nicht den leisesten an den Mixdown zurück. Wenn der Mixdown des dichtesten Songs schon zu hot ist, haben Sie zu wenig Bewe-gungsfreiheit im Mastering, es wurde im Mixdown übertrieben. Geben Sie einen Hinweis, welcher Crest-Faktor der Mixdowns für dieses Album maximal vorliegen sollte.
Der „schwächste” Mixdown ist die Leitgröße für den Gesamtsound des Albums. Gibt es einen Titel, der klanglich besonders schwach ist, müssen Sie im Mastering entweder sehr viel erreichen oder den Titel konsequent zurück an den Mixdown geben. Ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Korb. Lieber einen neuen Mix anfordern, als ein inkonsistentes Album abliefern. Ein absolutes No-Go sind Mixdowns mit Summenhall. Hier gibt es nur den Weg zurück. Dass dieser Summenhall zufällig für das Album passt, ist höchst unwahrscheinlich.
Es ist Ihre Aufgabe, einen ausgewogenen Albumsound zu erreichen. Zeigen Sie als Mastering-Engineer Rückrat! Wenn Sie einen faulen Kompromiss eingehen, fällt das schlechte Ergebnis auf Sie zurück.
Am Ende interessiert sich niemand für die technischen Zusammenhänge, allein das Ergebnis zählt. Das heißt, Sie haben das Mastering gemacht – Sie sind schuld. Auf eine solche Visitenkarte Ihres Studios können Sie verzichten. Sie sehen, ich will schon wieder Ihren Kopf retten.
Schauen wir uns nun die Bearbeitungsebenen im Mastering genauer an, um zu erkennen, mit welchen Methoden und Tools wir die Ziele erreichen können.
Abb. 73: Bearbeitungsebenen im Mastering (beispielhafte Darstellung)
Die obige Abbildung gibt einen ersten Überblick, sie ist bei Weitem nicht vollständig. Das macht aber nichts, denn wenn Sie das Prinzip verstanden haben, werden Sie alle weiteren Feinheiten selbst ergänzen können.
Bevor es mit den Arbeiten losgeht, legt man erst einmal fest, was überhaupt alles zu tun ist. Beginnen wir mit der Analyse des Materials.
Mastering dient der Erzeugung eines ausgewogenen Album-Sounds bei genretypischer Lautheit und unter Beibehaltung der Dynamik und Trans-parenz. Sound Sweetening und Lautheit sind die Hauptthemen des Masterings. Im Fokus des Sounddesigns steht immer der homogene Klang des Albums, nicht der einzelne Titel.
Um erfolgreich mastern zu können, muss die Zielstellung mit den Beteiligten geklärt sein. Referenzalben aus dem entsprechenden musikalischen Genre sind ein geeignetes Hilfsmittel dazu.
Einige Voraussetzungen sind unabdingbar: Eine sehr gute Ausstattung, die richtige Arbeitsweise, die richtige Abhörakustik und die Beachtung einiger Grundregeln, zum Beispiel die Aufnahme-Wiedergabe-Philosophie zu stärken und nicht dagegen zu arbeiten.
Das Mastering erfolgt auf drei unterschiedlichen Bearbeitungsebenen, der Sample-Ebene, der Song-Ebene und der Ebene des Albums. Jede Ebene hat Ihre Aufgaben, ihre Tools und ihre Methoden.
Es beginnt mit der Fehlerbeseitigung, geht über das Sound Sweetening und die Lautheitssteigerung bis zum Abgleich auf Album-Ebene und schließlich zur Erstellung des Mastertonträgers.
Meist wird die Lautheit des Albums überbewertet und der Klang dafür geopfert. Man muss sich dieser Herausforderung stellen und sie bewältigen. Hauptsache laut, heißt die Devise – wenn aber die Dynamik verloren geht, ist auch der Sound verloren.
Man benötigt zum Mastern keine besondere Software, wohl aber erstklassige Tools. Für den analogen Weg gilt dies in gleicher Weise, das Beste ist gerade gut genug. Einige analoge Geräte sind der Digitalwelt auch heute noch klanglich überlegen, dennoch kann ein rein digitales Mastering durchaus zu hervorragendem Klang führen.
Everthing affects everything: Gut, wenn Ihr Projekt so durchdacht aufgebaut ist, dass Sie jede erdenkliche Änderung sofort vornehmen können, ohne lange zu suchen. Mit einem geschickten Aufbau eines Masteringprojekts im Sequencer Ihrer Produktionssoftware legen Sie den Grundstein für effizientes Arbeiten. Das Routing entspricht den Arbeitsschritten, die nach und nach zu erledigen sind. Mit der Zeit entstehen wiederkehrende Situationen, sodass Templates ein gutes Mittel sind, um Doppelarbeit zu vermeiden und Fehlerquellen auszu-schließen.
Für effizientes Arbeiten sind Hörpausen unerlässlich. Die Verwendung von Referenzsongs des entsprechenden Genres hilft, nicht betriebstaub zu werden.
Zu guter Letzt sind die Pausenzeiten zwischen den Titeln eine nicht zu unterschätzende Kleinigkeit, welche die Dramaturgie des Albums beeinflusst.
Die Erstellung des Master-Tonträgers erfordert einen sehr guten CD-Brenner. Vom Studio aus muss der Mastertonträger schließlich unbeschadet den Weg ins Presswerk finden.
So, und nun wissen sie auch, ob Sie selbst mastern können oder nicht.